26.09.2020 | 2020/04 EEG 2021

Erfolgt jetzt das Durchstarten beim Ausbau der Erneuerbaren? von Jörg Ottersbach
joerg.ottersbach@bet-energie.de

Die Messlatte für den Ausbau der Erneuerbaren wird im Kabinettsbeschluss der EEG-Novelle noch einmal höher gelegt: Um das übergeordnete Ziel der „Treibhausgasneutralität in 2050“ zu erreichen, soll im Jahr 2050 der gesamte deutsche Strombedarf treibhausgasneutral erzeugt werden. Im aktuellen EEG 2017 sind hier noch „mindestens 80 %“ genannt. Das wichtige Zwischenziel, die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien bis 2030 auf einen Anteil von 65 % am Bruttostromverbrauch anzuheben, bleibt indes erhalten, wird nun aber mit konkreten Ausbauzahlen untermauert, die es durchaus in sich haben. Ein näherer Blick zeigt, wie ambitioniert die Ziele wirklich sind.

Die folgende Tabelle zeigt die mit dem EEG 2021 neu festgesteckten Ziele, berücksichtigt aber auch den anteiligen Rückbau von EEG-Anlagen, welche nach 20 Jahren aus der EEG-Vergütung fallen. Beispielsweise fallen bis 2030 schätzungsweise knapp 27 GW PV-Leistung aus der Förderung, von der nur ein Teil durch die geplante Post-EEG-Vergütung für „ausgeförderte Anlagen“ aufgefangen werden dürften. 

Ausbau der Photovoltaik ist durchaus schaffbar

Im Bereich der Photovoltaik ist eine Verdopplung der installierten Leistung innerhalb der nächsten zehn Jahre erforderlich, welche unter Berücksichtigung eines anteiligen Rückbaus rechnerisch einen mittleren Zubau von 2020 bis 2030 von ca. 5,1 GW p. a. erfordern würde. Angesichts aktueller Zubauzahlen von knapp 2,4 GW von Januar bis Juni 2020 scheint zumindest dieses Ziel nicht völlig aussichtslos, aber dennoch recht ambitioniert.

Zu hohe Erwartungen an die Windbranche

Die Erwartungen an die Windbranche sind demgegenüber ungleich höher: Hier müssen für ein Erreichen der Ziele jährlich ca. 2,8 GW (onshore) und 1,1 GW (offshore) zugebaut werden – dem steht ein Zubau von Januar bis Juli 2020 von knapp 0,7 GW (onshore) bzw. ca. 0,2 GW (offshore) gegenüber. Hier ist zu bezweifeln, ob die geplante Anpassung des Korrekturfaktors für 60%-Standorte und die finanzielle Bürgerbeteiligung den nötigen Schub geben.

65%-Ziel steht auf tönernen Füßen

Aus Sicht von BET ebenfalls sehr optimistisch gerechnet, erscheint die im Kontext des 65%-Ziels ermittelte EE-Strommenge von 377 TWh in Relation zu dem für 2030 nur geringfügig steigend angenommenen Stromverbrauch von 580 TWh. Ein deutlich höherer Anstieg des Stromverbrauchs im Jahr 2030 lässt sich bereits aktuell vor dem Hintergrund der angestrebten weiteren Elektrifizierung des Mobilitäts- und Wärmesektors und des in der Nationalen Wasserstoffstrategie genannten zusätzlichen Strombedarfs von 20 TWh erwarten. So rechnen die BET-Experten mit einem Stromverbrauch von ca. 640 TWh, mit dem das 65%-Ziel bei den angenommenen Ausbauzielen deutlich verfehlt würde. Vielmehr ergibt sich somit eine Lücke von 40 TWh EE-Strom. Um diese zu schließen, wäre eine deutliche Anpassung der Ziele erforderlich (siehe Tabelle).

In der Folge müsste etwa der jährliche Zubau von Photovoltaikleistung auf ca. 6 GW p. a.  – so wie in den „besten“ Jahren 2011 und 2012 – steigen. Deutlich höher wäre auch die Zielmarke für den Ausbau der Windenergie an Land mit 3,5 GW p. a.

Kabinettsbeschluss sieht jährliches Monitoring der Ziele vor 

Gegenüber dem Referentenentwurf wird der Kabinettsbeschluss vom 23.09.2020 nunmehr deutlich konkreter: Neben der Definition eines „Strommengenpfads“, welche Jahresziele für die Erzeugung von EE-Strom festlegt, enthält dieser auch konkrete Jahresziele für den Ausbau der installierten Photovoltaik- und Windleistung. Alle Ziele unterliegen einem jährlichen Monitoring, auf dessen Basis verschiedenste Maßnahmen ergriffen werden können. Zentrales Instrument soll hier auch der neu geschaffene „Kooperationsausschuss“ mit Vertretern des BMWi und der Länder sein, welcher bei Abweichung der Ziele konkrete Handlungsempfehlungen entwickeln soll.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die gesteckten Ziele für 2030 vor dem Hintergrund der im Jahre 2050 angestrebten vollständigen EE-Versorgung durchaus sinnvoll erscheinen – es wird sich zeigen, ob die weitreichende Monitoring und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen die gewünschte Wirkung zeigen.

BET betrachtet vor diesem Hintergrund verschiedene Projektionen der Entwicklung der Erneuerbaren Energien in der Zukunft, welche in die Energiemarktmodelle der BET eingehen. Sprechen Sie uns gerne an und diskutieren Sie mit uns die künftigen Rahmenbedingungen für die Erneuerbaren Energien.


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