21.09.2022 | Webmagazin 2022/04 Soll ich als EVU meine Treibhausgasbilanz zertifizieren lassen?

THG-Bilanzierung auch ohne Zertifizierung sinnvoll Simon Haas | Svenja Borgmann | Sebastian Seier
simon.haas@bet-energie.de

Auf dem Weg zur Klimaneutralität von Stadtwerken und Energieversorgern bilden Treibhausgasbilanzen (THG-Bilanzen) die Grundlage für Reduktionsziele und -maßnahmen und verschaffen der Organisation einen Überblick über die relevanten Emissionsquellen. Doch welche Leitplanken sind dabei zu beachten und inwieweit ist eine Zertifizierung einer THG-Bilanz oder THG-Neutralität möglich und sinnvoll?

THG Bilanzierung
Es gibt zwei wesentliche Richtlinien bzw. Leitfäden für die Erstellung von THG-Bilanzen von Unternehmen: Das Greenhouse Gas (GHG) Protocol und die DIN ISO EN 14064-1. Bei beiden Leitfäden besteht der grobe Ablauf einer THG-Bilanz aus folgenden Punkten:

  • Festlegen der Systemgrenze (also: Welche Unternehmensteile bzw. Beteiligungen sollen in der Bilanz abgebildet werden?)
  • Erfassung von Emissionsaktivitäten
  • Berechnung und Bilanzierung der Emissionen
  • Verfassen eines Berichtes

Zertifizierung von THG-Bilanzen
Hat ein Unternehmen seine THG-Bilanz und den zugehörigen Bericht erstellt, kann es die Bilanz zertifizieren lassen. Der Zertifizierungsmarkt ist kaum reguliert, sodass eine große Bandbreite von Zertifikaten erworben werden kann. Nach DIN ISO 14064-1 dürfen nur von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditierte Unternehmen THG-Bilanzen zertifizieren. Nach GHG-Protokoll zertifizieren Unternehmen nach eigenem Ermessen und die Glaubwürdigkeit basiert auf dem Ruf des zertifizierenden Unternehmens.

Und Klimaneutralität?
Neben der Richtigkeit der Bilanz gibt es diverse Label für Klimaneutralität, wobei jedes Unternehmen nach eigenen Kriterien und Regeln sein „individuelles“ Label vergibt. Derzeit gibt es keine Definition einheitlicher Kriterien zur Überprüfung von Klimaneutralität oder einen festgelegten Prüfprozess. THG-Neutralität betreffend soll die britische Norm PAS 2060 in eine deutsche Norm übersetzt werden, sodass im Laufe der nächsten Jahre eine einheitliche und offizielle Zertifizierung für THG-Neutralität in Aussicht steht.

Was ist für Stadtwerke und EVU sinnvoll?
Banken, Versicherungen und Industriekunden werden perspektivisch nach solchen Zertifikaten fragen, wenn bspw. die Anforderungen aus der EU-Taxonomie oder der CSR-Pflicht an Stadtwerke weitergegeben werden. Damit wird es zukünftig sinnvoll, ein entsprechendes Zertifikat nachweisen zu können. 

Dennoch sollten sich Stadtwerke nicht aus Ehrfurcht vor dem Aufwand einer möglichen Zertifizierung davon abhalten lassen, mit der THG-Bilanzierung bzw. dem individuellen Weg zur THG-Neutralität möglichst bald zu starten. Gerade in den ersten Jahren erscheint eine Zertifizierung nicht dringend erforderlich zu sein. Wichtiger ist es, loszulegen, Prozesse einzustudieren und dabei bereits grob die Anforderungen einer zukünftigen Zertifizierung im Auge zu behalten. Gerne unterstützen wir Sie bei diesen ersten Schritten.

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