24.04.2023 | Webmagazin 2023/02 Ein neuer Ordnungsrahmen für Gasverteilnetze

Ralph Kremp | Stefan Mischinger
ralph.kremp@bet-energie.de

Der aktuelle Ordnungsrahmen für Erdgasnetze ist auf Erhalt und Ausbau der bestehenden Infrastruktur ausgelegt. Im Zuge der Transformation zum klimaneutralen Zielsystem muss der Ordnungsrahmen den wirtschaftlichen Netzbetrieb im Fall von starken Nachfragerückgängen und Stilllegung von (Teil-) Netzen absichern. Stranded Assets von bis zu 10 Mrd. € auf Seiten der Netzbetreiber und eine durchschnittliche Verdrei- bis Vervierfachung der Netzentgelte auf Kundenseite kann durch die entwickelten Vorschläge verhindert werden.

Zusammen mit der Kanzlei Rosin Büdenbender hat BET im Auftrag von Agora Energiewende drohende Probleme im aktuellen Ordnungsrahmen für Erdgasnetze identifiziert und Vorschläge erarbeitet, die die Transformationskosten minimieren und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit des Netzbetriebs in der Transformation erhalten. Leitmotiv bei der Gestaltung der Vorschläge war die Entwicklung eines Ordnungsrahmens, der für alle möglichen Entwicklungspfade funktioniert. Ausgehend von Langfristszenarien, die die Klimaneutralität erreichen, gehen wir davon aus, dass für den molekülbasierten Transport 70% bis 90% der heute vorhandenen Betriebsmittel im Gasbereich nicht mehr erforderlich sind. Es wird gezeigt, dass Anpassungen am Ordnungsrahmen auch im Fall stark Wasserstoff-dominierter Transformationspfade erforderlich sind, da Wasserstoff unter diesen Randbedingungen nur einen Teil der heutigen energietischen Gasnachfrage substituieren wird. 

Die Studie verdeutlicht, wie die kommunale Wärmeplanung zu einer kommunalen Energie-Verteil-Strategie weiterentwickelt werden sollte, damit eine effiziente Transformation im Gassektor sichergestellt wird. Damit diese hinreichend Wirkung entfalten kann, ist eine verbindliche Umsetzung erforderlich. Die Studie zeigt auf, welche rechtlichen Anpassungen im Ordnungs- und Regulierungsrahmen erforderlich sind und nennt Anforderungen für die soziale Absicherung der Netzkunden.

Die für die Studie durchgeführten quantitativen Analysen zeigen den positiven Effekt der Vorschläge: 

  • Stranded Assets von bis zu 10 Mrd. € können durch degressive Abschreibungen auch für Bestandsanlagen bis 2045 vermieden werden wodurch die Refinanzierung für Netzbetreiber gesichert ist.
     
  • Eine konsequente Umsetzung der kommunalen Energieverteilstrategie passt den Infrastrukturbedarf an die Entwicklung der verfügbaren Energiebedarfe zur Erreichung der Klimaneutralität an. 
     
  • Hierzu wird auch die Möglichkeit geschaffen, einzelne Netzabschnitte ab Erreichung von Kipppunkten nicht mehr betreiben zu müssen (Stillegung). Für Netzbetreiber werden finanzielle Anreize für Stilllegungen geschaffen.
     
  • Kosten von Stilllegungen werden in der Erlösobergrenze anerkannt. Rückbau wird auf wenige kriterienbasierte Kostellationen beschränkt. Hierzu erfolgt auch eine Anpassung der Regelungen für Konzessionen.
     
  • Die Verkürzung der Dauer der Regulierungsperioden und Abschaffung des Effizienzbenchmarkings (Cost-Plus-Regulierung) gewährleistet die schnelle Weitergabe von Einsparungen in den Betriebskosten an die Netzkunden. 
     
  • Der Anstieg der Netzentgelte kann bis 2045 durch die vorgeschlagenen Maßnahmen mehr als halbiert werden.
     
  • Eine staatliche Bezuschussung von Netzkunden, die weiterhin Gas beziehen müssen, ab den späten 2030er Jahren kann leichter finanziert werden, weil die Kosten des Netzbetriebs bis 2040 durch die Vorschläge um rund 60% gesenkt werden können.

Die ausführliche Studie finden Sie hier: Zum Download 
 


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