24.04.2023 | Webmagazin 2023/02 Energiepreisbremsen: Hohe Komplexität in der Abwicklung

Die Umsetzung und Abwicklung stellen sowohl Stadtwerke als auch Industrieunternehmen vor große Herausforderungen Benedikt Ralfs | Dr. Denis vom Stein
benedikt.ralfs@bet-energie.de

Unsere zentrale Erkenntnis aus unser Beratung zu den Energiepreisbremsen in den letzten Wochen: Die Gesetze stellen ihre Komplexität in der Anwendung sowohl auf der Lieferantenseite als auch auf der Verbraucherseite nachdrücklich unter Beweis. Auf der Seite der Stadtwerke als Lieferanten stellt sich die Berücksichtigung von Stromgeschäften am Terminmarkt zur sachgemäßen Abschöpfung von Überschusserlösen als enorme Herausforderung dar. Auf der Verbraucherseite ist insbesondere die Eingruppierung in die verschiedenen Höchstgrenzen für Industrieunternehmen sehr individuell und hängt von diversen Kriterien ab.

Im Zuge der gestiegenen Energiekosten hat die Bundesregierung im Dezember 2022 Energiepreisbremsen zur Entlastung der Gas-, Wärme- und Stromkosten für Endverbraucher verabschiedet. Regulatorisch umgesetzt wurden die Energiepreisbremsen durch das Strompreisbremsengesetz (StromPBG) und das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG). Mit der innerhalb des StromPBG verankerten Abschöpfung von Überschusserlösen am Strommarkt sollen die Energiepreisbremsen gegenfinanziert und die Belastung des Bundeshaushalts gemindert werden.

In den letzten 1,5 Jahren sind die Gaspreise in Deutschland stark angestiegen und erreichten aufgrund der ausbleibenden Lieferungen aus Russland zeitweise extreme Preise. Als Folge haben sich die Großhandelsmarktpreise für Strom ebenfalls deutlich erhöht. Ursache hierfür ist, dass in vielen Stunden Gaskraftwerke preissetzend waren und diese aufgrund der sehr stark gestiegenen Gaspreise nur zu sehr hohen Produktionskosten anbieten konnten. Von diesem sehr hohen Strompreisniveau haben jedoch auch andere Stromerzeugungsanlagen profitiert, obwohl die Produktionskosten dieser Anlagen nicht in gleichem Maße gestiegen sind. Die damit einhergehenden, deutlich über dem üblichen Niveau liegenden Margen, von der Politik auch „Überschusserlöse“ genannt, sollen für den Abrechnungszeitraum vom 01.12.2022 bis 30.06.2023 abgeschöpft werden. Die Einnahmen aus der Abschöpfung von Überschusserlösen am Strommarkt sollen die Entlastungsmaßnahmen der Energiepreisbremsen für die Letztverbraucher teilweise gegenfinanzieren und die Höhe der benötigten Mittel aus dem Bundeshaushalt reduzieren.

Im Rahmen unserer Beratung zu den Energiepreisbremsen in den vergangenen Wochen durften wir feststellen, dass die Gesetze ihre Komplexität in der Anwendung sowohl auf der Lieferantenseite als auch auf der Verbraucherseite nachdrücklich unter Beweis stellen.

Auf der Seite der Stadtwerke als Lieferanten stellt sich insbesondere die Berücksichtigung von Stromgeschäften am Terminmarkt zur sachgemäßen Abschöpfung der Überschusserlöse als große und zugleich entscheidende Herausforderung dar. Denn die Abschöpfung erfolgt zunächst auf Basis vollständiger Vermarktung des Stroms und Beschaffung von CO2 im Spotmarkt und damit auf Basis hoher (fiktiver) Spoterlöse. Zudem ist die Höhe der Abschöpfung abhängig von technologiespezifischen Referenzkosten, die vom Gesetzgeber vorgegeben sind. Viele Lieferanten vermarkten ihre Kraftwerksproduktion jedoch langfristig zu großen Teilen im Portfolio am Terminmarkt und erzielen dadurch für den Abrechnungszeitraum der Abschöpfung geringere Erlöse als am Spotmarkt. Diese „Verluste“ aus Termingeschäften dürfen im Rahmen des StromPBG abschöpfungsmindernd geltend gemacht werden. Dabei besteht das Risiko, dass eine unsachgemäße Zuordnung von Termingeschäften zu einzelnen Stromerzeugungsanlagen zu einer überhöhten Abschöpfung führen kann, die es aus Stadtwerke-Sicht zu vermeiden gilt.

Auf der Verbraucherseite sind Industrieunternehmen, denen voraussichtlich hohe Entlastungsbeträge zustehen, dazu verpflichtet, gegenüber den Lieferanten ihre Höchstgrenzen für die Entlastung mitzuteilen. Dies sollte bis Ende März erfolgt sein. Über den Jahresverbrauch werden die einzelnen Entnahmestellen der Verbraucher eingruppiert. Je nach Eingruppierung gelten unterschiedliche Entlastungskontingente und Preisbremsen. Die gesetzeskonforme Ermittlung der Entlastungsbeträge, der krisenbedingten Energiemehrkosten und die Eingruppierung in die daraus resultierenden relativen und absoluten Höchstgrenzen und die individuelle Aufteilung auf Entnahmestellen und Lieferanten stellen die Industrieunternehmen vor eine außerordentliche Aufgabe. Insbesondere die Eingruppierung in die verschiedenen Höchstgrenzen sind für die Unternehmen sehr individuell und hängen von diversen Kriterien ab (EBITDA-Vergleiche, krisenbedingte Energiemehrkosten, Energiebeschaffungskosten, Branchenzugehörigkeit, etc.). Für die nächsten Monate ist ein fortlaufendes Monitoring der erhaltenen und prognostizierten Entlastungsbeträge wichtig, um die eigenen Prognosen hinsichtlich der Höchstgrenzen zu überwachen und ggf. für den verbleibenden Abrechnungszeitraum durch zusätzliche Mitteilungen an den Lieferanten anzupassen. Die tatsächlich anzuwendende absolute Höchstgrenze ist abschließend nach dem 31.12.2023 bis spätestens zum 31.05.2024 dem Lieferanten mitzuteilen.

Insgesamt stellen die Gesetze der Energiepreisbremsen sowohl die Stadtwerke als auch Industrieunternehmen vor enorme Herausforderungen.

BET unterstützt sowohl Stadtwerke bei einer sachgemäßen Ermittlung der Überschusserlöse als auch Industrieunternehmen bei der Bestimmung ihrer individuellen Höchstgrenzen. Sprechen Sie uns bei Bedarf zum Sparring für dieses wirklich komplexe Thema gerne an.


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