Die Kultur eines Unternehmens ist kein starres Objekt: rund um einen relativ stabilen, identitätsstiftenden Kern verändern sich Unternehmenskulturen mit der Zeit durch innere und äußere Einflüsse. Diese kulturelle Wandlungsfähigkeit ist angesichts der rasanten Veränderungsdynamik der Energiewelt für EVU überlebenswichtig. Denn sie ist die Basis für die aktuelle und zukünftige Performanz des Unternehmens.
In einem ersten Schritt ist es hilfreich, sich darüber bewusst zu werden, welche Elemente in der eigenen, gewachsenen Unternehmenskultur den Status quo stabilisieren und dadurch möglicherweise Veränderungen ausbremsen können. Beispielsweise lassen sich dazu in einem bereichs- und hierarchieübergreifenden Kulturworkshop relativ einfach erste Erkenntnisse gewinnen. Wir haben bei BET zu diesem Zweck einen „4D-Kultur-Check“ in Anlehnung an das Kulturmodell von E. Schein (1985) entworfen.
Enthalten sind konkrete Analysefragen zu vier Schwerpunktthemen der Energiewende: D1: Dekarbonisierung, D2: Digitalisierung, D3: Dezentralisierung und D4: Demographie
Mithilfe der Fragen sowie von Methoden zur Kulturmodellierung kann in einem interaktiven Workshop die bestehende Kultur sowie beeinflussbare Elemente transparent gemacht werden. Wirksame Stellhebel und Ideen zur Steigerung der Wandlungsfähigkeit lassen sich so priorisieren und in einen pragmatischen, flexiblen Fahrplan für die weitere Kulturentwicklung überführen. Es ist auch möglich, sich dabei auf ein einzelnes Schwerpunktthema wie z. B. die Digitalisierung zu konzentrieren.
Was wir hierbei immer wieder feststellen: Kulturentwicklung funktioniert nicht direkt und schnell oder gar per „Verordnung“, sondern nur indirekt, mit viel Engagement und Geduld – insbesondere seitens der Unternehmensführung. D. h. im Mittelpunkt der organisationalen Wandlungsfähigkeit steht vor allem auch eine wandlungsfähige Führungskultur – als eine Kombination aus den Führungspersonen und dem Führungssystem:
Einerseits beobachten Mitarbeitende das Verhalten von Personen in Führungsrollen sehr genau und leiten daraus ab, inwiefern die Unternehmensführung von einem Wandel überzeugt ist und inwiefern eine Mitwirkung an der Umsetzung auch tatsächlich erwünscht ist. Andererseits lenkt und prägt das Führungssystem – z. B. in Form von Strukturen, Prozessen, Regeln und Zielvorgaben – das tägliche Handeln aller Organisationsmitglieder, auch das der Führungspersonen selbst.
Essenziell für das Gelingen des Wandels ist daher, dass eine regelmäßige Reflexion und ein offener Austausch zu beiden kulturprägenden Aspekten stattfinden: zum individuellen Verhalten sowie auch zum organisationalen Rahmen, der dieses Verhalten lenkt.
Führungspersonen können beispielsweise Möglichkeiten für regelmäßige Kulturdialoge unter Kolleg*innen schaffen, um auf kollegialer Ebene andere Organisationsmitglieder aktiv in den Wandel einzubinden. So kann etwa in Führungs- und/oder Teamrunden ein fester Agendapunkt zur „Wandlungsfähigkeit“ den Raum bieten, um sich selbst zu reflektieren, Beobachtungen aus dem eigenen Umfeld miteinander zu teilen, Veränderungsideen auszuprobieren, sich über Fortschritte zu freuen oder auch – bei ausbleibendem Veränderungserfolg: um aus „Fehlern“ zu lernen.
Für eine erfolgreiche Kulturentwicklung geht es also explizit nicht darum, dass Führungspersonen von vornherein einem Ideal entsprechen und sich bitte bloß keinen „Fehler“ erlauben, damit sie jederzeit als gutes Vorbild dienen. Vielmehr sind es Authentizität, eigene Lern- und Veränderungsbereitschaft sowie ein offener, ehrlicher Umgang untereinander, die einen guten Boden für kulturelle Wandlungsfähigkeit bereiten.
Wenn Sie mehr über Wandlungsfähigkeit sowie die Relevanz von Unternehmenskultur und Führungskultur für EVU erfahren wollen, sprechen Sie uns gern an.
Literaturquelle: Edgar H. Schein (1985) Organizational Culture and Leadership. A Dynamic View, San Francisco etc. (Jossey-Bass)