28.04.2022 | Webmagazin 2022/02 „Neue“ Vergütung für PV-Volleinspeiser – für wen lohnt sich das wirklich?

Neuerungen für PV-Anlagen im Osterpaket Carsten Bode | Andreas Blumberg
carsten.bode@bet-energie.de

Die Neuerungen im Osterpaket beinhalten interessante Änderungen für PV-Dachflächenanlagen: Es gibt sowohl eine Erhöhung der Vergütungssätze als auch einen neuen Zuschlag für die Volleinspeisung, die den wirtschaftlichen Vorteil der Eigenver-brauchsnutzung ausgleichen soll. Beides macht PV-Dachflächenanlagen wirtschaftlich wieder interessanter und erfordert eine Neubewertung bisher unwirtschaftlicher Dachflä-chen. Ein von BET entwickeltes Berechnungstool hilft dabei.

Einige Verbesserungen für PV-Anlagen
Unter anderem mit dem Ziel, die Förderung für PV-Anlagen zu verbessern und damit den Ausbau von PV-Anlagen zu forcieren, wurde am 6. April das Osterpaket im Kabinett verabschiedet: Die Ausschreibungsmengen und Ausbauziele sollen erhöht und die Flächenkulisse für PV-Anlagen um landwirtschaftlich genutzte Moorflächen und benachteiligte Flächen erweitert werden. Außerdem sollen Agri-PV, schwimmende PV und Parkplatz-PV in das EEG überführt werden und horizontal aufgeständerte Agri-PV-Anlagen einen degressiv gestalteten Bonus erhalten. Die monatliche Degression der Vergütungssätze über den atmenden Deckel soll bis 2024 ausgesetzt und anschließend auf eine halbjährliche, feste Degression umgestellt werden. Änderungen, die explizit Dachanlagen betreffen, sind eine geringfügige Erhöhung der Vergütungssätze sowie ein Zuschlag für die vollständige Einspeisung des erzeugten Stroms, um den wirtschaftlichen Vorteil des Eigenverbrauchs aufzuwiegen. 

Volleinspeisung als neues Geschäftsmodell
Das neue Vergütungsmodell der Volleinspeisung erfordert nun eine Neubewertung potenzieller Dachflächen für PV, die u. U. mit dem vorherigen Vergütungsmodell der Überschusseinspeisung nicht wirtschaftlich waren: Die Volleinspeisung ist vor allem interessant für Gebäude mit großen Dachflächen und geringem Eigenverbrauch oder für Gebäude, bei denen Eigentümer und Verbraucher nicht personenidentisch sind. Außerdem wird der PV-Eigenverbrauch durch die hohen Strompreise wieder attraktiver, wobei gleichermaßen in der jüngeren Vergangenheit auch die Investitions- und Installationskosten von PV-Anlagen gestiegen sind.

BET hat ein Berechnungstool entwickelt, welches bereits in zahlreichen Projekten bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit eingesetzt wurde. Dieses simuliert die PV-Anlage und den Eigenverbrauch, sodass die jeweiligen Geschäftsmodelle für verschiedene Anwendungen analysiert und wirtschaftlich bewertet werden können. Eigenverbrauch, Investitionskosten und Bezugsstrompreis haben dabei einen großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit bzw. das bevorzugte Geschäftsmodell: Die Volleinspeisung lohnt sich in der Regel, wenn die PV-Anlage zu aktuell üblichen Marktpreisen oder günstiger errichtbar ist. Sollte die Errichtung aufwendiger sein oder sollten die Anlagenpreise stark steigen, sollte der Eigenverbrauch in Betracht gezogen werden. 

Ab welcher Eigenverbrauchsquote die Eigenverbrauchsnutzung besser ist als die Volleinspeisung, hängt vor allem von der Größe der Anlage ab.


Eine Beispielrechnung zeigt, dass bei kleinen Anlagen (kleiner 10 kWp) mindestens 24 % selbst verbraucht werden sollten, bei größeren Anlagen (100 kWp) mindestens 19 %. Sollte der Strompreis stark steigen, verschieben sich diese Grenzwerte. Bei einer Erhöhung des Strompreises von 30 ct/kWh auf 50 ct/kWh ist die Eigenverbrauchsnutzung bereits ab 13 % bzw. 10 % wirtschaftlicher als die Volleinspeisung.

Vorteilhaft ist hier, dass jährlich zwischen Volleinspeisung und Vergütung der Überschusseinspeisung bei anteiligem Eigenverbrauch gewechselt werden kann. Auf diese Weise können etwa heute Anlagen errichtet und mit dem Volleinspeiser-Modell vergütet werden, die sich aufgrund eines zu geringen Eigenverbrauchs bisher nicht gerechnet hätten – bei steigendem Eigenverbrauchsanteil (etwa durch zusätzliche Verbraucher und steigende Strompreise) kann dann in das Überschussmodell gewechselt werden.

Keine Erhöhung der Mieterstrom-Förderung
Wenige Neuerungen gibt es beim Mieterstrom bis auf den Wegfall des 500-MW-Deckels für die Förderung und das bereits erwähnte Aussetzen bzw. Umstellen der Degression. Auch dieses komplexere Vergütungsmodell kann mit dem Berechnungstool von BET analysiert werden. In diesem Fall ist die Wirtschaftlichkeit vor allem von der Anzahl der Mieter abhängig, die Mieterstrom beziehen, und von der Anzahl der Objekte, die mit Mieterstrom versorgt werden sollen. Zusätzlich gibt es verschiedene Konstellationen, wer die Anlage errichtet und betreibt, wer die Rolle des Stromlieferanten übernimmt und wer die Abrechnung durchführt. Für die Mieter bieten sich beim Mieterstrom vor allem die Vorteile des direkten Bezugs von grünem Strom sowie die teilweise Unabhängigkeit von steigenden Strompreisen.


Zurück zu Webmagazin