06.02.2023 | Webmagazin 2023/01 Neustart der Digitalisierung der Energiewende durch das GNDEW

Worauf es für die Akteure jetzt ankommt Dr. Sören Patzack | Ulrich Rosen
soeren.patzack@bet-energie.de

Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) soll der in den letzten Jahren eher mäßig vorangekommene Rollout von intelligenten Messsystemen (iMSys) beschleunigt werden. Mehr Agilität, gerechtere Kostenverteilung, verbesserter Datenschutz – das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Dahinter steckt jedoch eine Vielzahl konkreter Maßnahmen, mit denen das BMWK die Digitalisierung der Infrastrukturen deutlich beschleunigen möchte.

Zu den wichtigsten Neuregelungen im GNDEW gehören:

  • Ein agiler Rollout wird ermöglicht, zertifizierte iMSys können direkt eingebaut und wichtige Funktionalitäten mithilfe von Software-Updates nachgerüstet werden (spätestens 2025). Der Einbau darf bei Kunden bis 100.000 kWh/a (Verbrauch) oder bis 25 kW (Erzeugung) sofort starten, auch um eine Warmlaufphase zu ermöglichen. Die verpflichtenden Rolloutquoten wurden überarbeitet.
  • Die Marktanalyse und Markterklärung des BSI fallen weg, um die Rechtssicherheit zu erhöhen, außerdem wird die Drei-Hersteller-Regel für die Freigabe der Smart-Meter-Gateways gestrichen, damit das Tempo vom innovativsten Hersteller bestimmt wird.
  • Der Netzbetreiber beteiligt sich mit bis zu 80 €/a an den Kosten für die Ausstattung von Messstellen mit iMSys. Dies wird mit dem erhöhten Nutzen für den Netzbetreiber durch Netzzustandsdaten und die Steuerung von Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen begründet.
  • Der Inhalt, die Verantwortlichkeiten und die Preise von Standard- und Zusatzleistungen werden konkretisiert, um einen bundeseinheitlich standardisierten Rahmen zu setzen.
  • Die sichere Lieferkette soll vereinfacht werden, damit der Rollout einfacher und wirtschaftlicher wird. Der Versand von Smart-Meter-Gateways soll vereinfacht werden.
  • Durch ein übergreifendes Projektmanagement des BMWK, eine Konzentration des BSI auf die Standardisierung sowie eine engere Verzahnung aller Akteure soll der Gesamtprozess optimiert werden.

Nachdem das Gesetz im Januar bereits durch das Kabinett verabschiedet wurde, finden in den nächsten Wochen die Anhörungen von Bundestag und Bundesrat statt – ein Inkrafttreten wird für das zweite Quartal 2023 erwartet.

Das Gesetz wird grundsätzlich von einer Vielzahl der betroffenen Akteure begrüßt – Verbände haben jedoch insbesondere zu Fragen der Finanzierung, Verantwortlichkeiten und Datenschutz bereits Redebedarf angekündigt. Trotz der noch verbliebenen Unsicherheiten kündigt sich für alle Akteure der Energiewende bereits klarer Handlungsbedarf an:

Dem Netzbetreiber werden durch das GNDEW vielfältige und zeitnah Daten zur Bestimmung des aktuellen Netzzustandes zur Verfügung stehen und die  Steuerung über das iMSys ist bis spätestens 2025 umzusetzen. Damit verbleibt wenig Zeit, um die Messtechnik, die IT-Unterstützung und die Prozesse auf den Prüfstand zu stellen und hinsichtlich der neuen Anforderungen anzupassen.

Für den Messstellenbetreiber entstehen durch das GNDEW diverse neue Verantwortlichkeiten und Aufgaben – u. a. für die Umsetzung von Steuereingriffen. Das Geschäftsmodell und die zugrundeliegenden Businesspläne müssen auf Basis der definierten Preisobergrenzen für den Rollout der Technik und des Angebots von Standard- und Zusatzleistungen geprüft und auf die neuen Gegebenheiten angepasst werden.

Auch Lieferanten sind gefordert: Unabhängig von ihrer Kundenanzahl müssen sie nach GNDEW ab 2025 dynamische Tarife anbieten und die dazu notwendigen Prozesse etablieren.

Für das Gelingen des Neustarts ist jedoch entscheidend: Ministerien, Behörden und Verbände müssen auf ein gemeinsames Zielbild für die digitale Energieinfrastruktur von morgen hinarbeiten. Das GNDEW muss im Zusammenhang mit weiteren BNetzA-Aktivitäten wie der Festlegung § 14a EnWG und dem Universalbestellprozess (BK6-22-128) sowie den zu erarbeitenden Regeln des FNN zum Thema Messen und Steuern verzahnt sein. Sonst besteht die Gefahr eines von allen begrüßten Neustarts, der direkt in der nächsten Vollbremsung mündet.


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