23.04.2024 | Webmagazin Partizipative Personalbedarfsplanung

Wie können zukünftige Personalbedarfe gemeinsam gestaltet und geplant werden? Dr. Anna Walter | Viviane Lange
anna.walter@bet-energie.de

Der beste Weg, die Zukunft vorherzusagen, ist, sie zu gestalten. Diese Aussage trifft auch auf die Frage zu, wie das Personal eines Energieversorgers in einer grünen, digitalen Zukunft aufgestellt sein soll. Mit einer entsprechenden Personalbedarfsplanung legen EVU das Fundament für ihre Mitarbeitenden der Zukunft. Für eine verlässliche Planung braucht es eine ganzheitliche Basis, die über einen partizipativen Ansatz und regelmäßige Aktualisierungsschleifen erreicht werden kann.

Die grüne, digitale Transformation von EVU erfordert mehr denn je eine Personalbedarfsplanung mit Weitblick – das ist ein Fazit der zum Anfang des Jahres veröffentlichten Kurzstudie (EVU 2030 – Die organisatorische Perspektive). 

Konkret beleuchtet die Studie, welche Personalbedarfe sich sowohl in Bezug auf die benötigte Anzahl, als auch hinsichtlich notwendiger Kompetenzen zukünftiger Mitarbeitender für ein Muster-EVU unter Berücksichtigung von Automatisierung und Auslagerung ergeben. 

Die Erkenntnisse: In nahezu allen Funktionen wird bis zum Jahr 2030 der Arbeitsaufwand steigen. Inhaltlich verändern sich die Aufgaben nach dieser Abschätzung vor allem im Vertrieb, im Netz und im Metering. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde abgeleitet, wie das Personal für das Muster-EVU im Jahr 2030 aufgestellt sein könnte. 

In der Praxis ist eine Personalbedarfsplanung natürlich komplexer. Sie braucht eine vielfältige Basis, die im Folgenden skizziert wird. Das vorgeschlagene partizipative Vorgehen nimmt dabei nicht nur relevante Stakeholder (wie z. B. die Führungskräfte im Unternehmen) mit und schafft damit eine höhere Akzeptanz – sondern hilft auch, die verschiedenen Sichtweisen (Personal, Finanzen, Fachbereiche) und unter Umständen widersprüchliche Zielsetzungen (Personalaufbau vs. Kosteneinsparung) zu berücksichtigen.

Zu Beginn erfordert eine Personalbedarfsplanung die Berücksichtigung von strategischen Zielen im Unternehmen. Sind diese nicht definiert (z. B. im Rahmen einer Unternehmensstrategie), gilt es, die strategischen Leitplanken in einem ersten Schritt gemeinsam zu formulieren. Erst wenn geklärt ist, welche strategischen Ziele in welchen Geschäftsbereichen verfolgt werden (z. B. welche Investitions- oder Transformationsstrategie), können Aussagen darüber getroffen werden, wie viele Mitarbeitende mit welchen Qualifikationen für die Erreichung der Ziele notwendig sind. Hierbei kann auch die Analyse von Stärken und Schwächen des EVU eine hilfreiche Grundlage bieten. Darüber hinaus hat z. B. die Entwicklung klassischer und neuer Geschäftsfelder Implikationen auf die Menge und die Gestaltung von Aufgaben in bestimmten Fachbereichen. Grundlage hierfür ist wiederum ein umfassender Blick in die Zukunft, den BET z. B. über die Darstellung antizipierter Marktentwicklungen, die Abschätzung von Digitalisierungsmöglichkeiten sowie denkbarer Make-or-Buy-Strategien einfließen lassen kann.

Nach dem ersten Blick in die Zukunft sollten alle aktuellen Produkte und Dienstleistungen des EVU (bzw. des jeweiligen Geschäftsbereichs, für den die Personalbedarfe ermittelt werden sollen) erfasst werden. Steckbriefe sind dabei ein mögliches partizipatives Werkzeug, mit denen die Stakeholder aus den Bereichen u.a. einschätzen, wie viele Personalkapazitäten für welche Produkte aktuell gebraucht werden. Insgesamt erleichtert ein umfassender Überblick über den aktuellen Personalbestand, bearbeitete Aufgaben sowie die im Unternehmen vorhandenen Qualifikationen die Abschätzung der zukünftigen Personalbedarfe erheblich. Dieser Überblick kann z. B. mithilfe des AKKUplus-Tools erstellt werden. 

Der nächste Schritt zur Erstellung einer Personalbedarfsplanung beschäftigt sich wieder mit der Zukunft und betrachtet die Frage, welche Belegschaft ein EVU benötigen wird. Dabei helfen Interviews mit Stakeholdern im Unternehmen,die fachbereichsspezifische Entwicklungen der nächsten Jahre abzuschätzen. In Verschneidung mit den erstellten Steckbriefen werden die weitere Entwicklung der Produkte und Dienstleistungen sowie die dafür notwendigen Personalkapazitäten und Qualifikationen abgebildet. Daraus zeichnen sich erste zukünftige Personalbedarfe ab. In einem Workshopformat werden diese verfeinert und konsolidiert.

Dieser verfeinerte Entwurf wird schließlich in ein fundiertes und mittbestimmungsfähiges Personalbedarfskonzept auf Ebene der Organisationseinheiten überführt. Aufgrund der verbleibenden Unsicherheit und Volatilität, die gerade die Zukunft der Energiewirtschaft betrifft, empfiehlt es sich hier verschiedene Organisationsmodelle entlang unterschiedlicher Zukunftsszenarien zu entwickeln. Für das Modell, das im Konsens als am wahrscheinlichsten eingeschätzt wird, können Phasen, Zielsetzungen und Handlungsempfehlungen für die Optimierung des Personalbestands abgeleitet und deren Umsetzung festgelegt werden.

Wie in diesem Artikel deutlich wird, gibt es viele Komponenten, die auf die Planung benötigter Personalbedarfe einwirken und daher Berücksichtigung im Erstellungsprozess einer fundierten Prognose finden müssen. Zusätzlich ist es durch die vielfältigen Einflüsse unabdingbar, die Prognose regelmäßig zu hinterfragen, zu aktualisieren und weiterzuentwickeln – um die grüne, digitale Transformation zu meistern und darüber hinaus erfolgreich zu bleiben.

Diskutieren Sie gerne weiter mit uns zu diesem und weiteren Themen der zukunftsfähigen Aufstellung von EVU in unserem kostenfreien Webinar “Für ein erfolgreiches EVU der Zukunft: Die interne Transformation meistern” am 11. Juni 2024 von 10:30 Uhr – 12:00 Uhr. 

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