Zunächst nur kleinere Anlagen betroffen
Bis 2025 werden etwa 129.000 Anlagen ihr Förderende erreicht haben, was einer Gesamtleistung von etwa 1 GW entspricht. Dabei werden zunächst vornehmlich kleinere Dach-PV-Anlagen mit einer Leistung von unter 7 kW betroffen sein. Bis zum Jahr 2030 steigt der Anteil von Anlagen mit größerer Anlagenleistung an, die Anzahl der ausgeförderten Anlagen steigt dabei auf ca. 635.000 Anlagen an (Abbildung 1).
Abbildung 1: Anlagen, deren Förderende erreicht ist
EEG-Novelle 2021: Fluch oder Segen?
Mit dem aktuellen Kabinettsbeschluss zur EEG-Novelle wurde diese Frage in Teilen beantwortet. Dieser sieht nun die Einführung einer neuen Vermarktungsform für Post-EEG-Anlagen als „ausgeförderte Anlagen“ vor, welche die Netzbetreiber bis Ende 2027 dazu verpflichtet, den eingespeisten Strom von Post-EEG-Anlagen abzunehmen und diesen entsprechend dem Marktwert abzüglich einer Vermarktungspauschale (0,4 ct/kWh) zu vergüten.
Der bisherigen Befürchtung vieler Anlagenbetreiber, dass sie ihren zukünftig erzeugten Strom über die für sie meist unwirtschaftliche „sonstige Direktvermarktung“ veräußern müssen und bei der eine aufwendige ¼-h-Einspeisemessung erforderlich gewesen wäre, wurde somit Rechnung getragen. Der ungünstigste Fall des Abbaus der Anlagen aus wirtschaftlichen Gründen kann dadurch, ebenso wie ein „wildes Einspeisen“, verhindert werden.
Unterstellt man bei Volleinspeisung einer 3-kW-Anlage einen Marktwert inklusive der Vermarktungspauschale von 3,5 ct/kWh, ergeben sich nach dem nun vorgestellten Modell Erlöse von ca. 126 € pro Jahr. Gegenüber einer jetzigen Vergütung von ca. 50 ct/kWh ist dies zwar deutlich weniger, ermöglicht aber in der Regel die Deckung der laufenden Kosten und somit den Weiterbetrieb der Anlage. So ergibt sich für den Anlagenbetreiber ein Deckungsbeitrag von ca. 66 € pro Jahr (Abbildung 2), wenn laufende Kosten in Höhe von 60 €/a zum Weiterbetrieb der Anlage unterstellt werden. Dies ist kein übermäßig attraktiver Beitrag, allerdings in den meisten Fällen vermutlich ausreichend, um den sofortigen Rückbau der Anlage zu verhindern.
Deutliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit durch Eigenverbrauch
Zur Befreiung des Eigenverbrauchs von Umlagen für Anlagen bis 30 kW, dessen Umsetzung die Erneuerbaren-Richtlinie der EU bis Mitte 2021 fordert, ist im aktuellen Beschluss hingegen nichts zu finden. Immerhin sieht dieser nun vor, dass Erzeugungsanlagen mit einer Leistung von bis zu 20 kW (bisher 10kW) von der EEG-Umlage befreit sind, sofern die eigenverbrauchte Strommenge (wie in der bisherigen Regelung auch) nicht 10 MWh übersteigt. Weiterhin von der Befreiung ausgenommen sind allerdings die ausgeförderten Anlagen, da der Befreiungstatbestand wie auch bisher 20 Jahre nach Inbetriebnahme der Anlagen enden soll – diese müssten dann auch weiterhin eine anteilige EEG-Umlage in Höhe von 40 % zahlen.
Dennoch macht der Eigenverbrauch des produzierten Stromes ausgeförderte Anlagen wirtschaftlich deutlich attraktiver: Unter der Annahme einer Einspeisevergütung (Marktwert minus Vermarktungspauschale) in Höhe von 3,5 ct/kWh, eines Strombeschaffungspreises von 29,25 ct/kWh und der Zahlung der anteiligen EEG-Umlage ist der Eigenverbrauch des selbsterzeugten Stromes (siehe unten) wirtschaftlich aus Sicht des Anlagenbetreibers gesehen deutlich sinnvoller, als ihn ins Netz einzuspeisen (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Wirtschaftlichkeit von Post-EEG-Anlagen mit und ohne Eigenversorgung
Digitalisierung der Energiewende: Netzsicherheit soll verbessert werden
Eine Voraussetzung dafür ist allerdings künftig die Nutzung eines intelligenten Messsystems (iMSys). Ist dieses nicht vorhanden, ist der Betreiber einer ausgeförderten Anlage verpflichtet, den gesamten Strom weiterhin einzuspeisen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit ggf. auch aufgrund des Einbaus einer flexiblen Last wie einer Wärmepumpe oder einer privaten Ladeeinrichtung bzw. eines Speichers der Einbau eines iMSys erforderlich wird.
Klar erkennbares Ziel der Bundesregierung ist es, die Digitalisierung der Energiewende auch auf Erzeugerebene zu forcieren – dies lässt sich deutlich im aktuellen Entwurf des EEG ablesen, in dem für Neuanlagen zukünftig die „Sichtbarkeit“ (über die Einspeisemessung und den Abruf der Ist-Einspeisung) und die „Steuerbarkeit“ (durch den Netzbetreiber und andere Berechtigte) über das intelligente Messsystem auch bei kleinen Erzeugungsanlagen zur Pflicht werden soll.
Je nach Ausbauszenario wird sich die Anzahl und Leistung der dezentralen PV-Anlagen in den nächsten Jahren verdoppeln oder sogar vervierfachen. Dies kann – zusammen mit der starken Zunahme der privaten Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge sowie Wärmepumpen – negative Auswirkungen auf die Sicherheit der Netze und des Energiesystems insgesamt haben. Abhilfe schaffen kann die im EEG nun für Neuanlagen verankerte Einbaupflicht für stärkere Netzüberwachung und Anlagensteuerung über die intelligenten Messsysteme.
Als Zwischenfazit zum aktuellen Gesetzgebungsprozess lässt sich festhalten, dass die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen neue Chancen für ausgeförderte Anlagen eröffnen und deren Fortbestand auch über den Förderzeitraum von 20 Jahren hinaus grundsätzlich sichern können. Der Anlagenbetreiber steht nun vor der Entscheidung, ob er weiterhin Volleinspeisung mit einer deutlich geringeren Vergütung betreibt oder ob er in die technische Voraussetzung zur Eigenverbrauchsnutzung des selbsterzeugten Stroms oder wohlmöglich in Speicher investiert bzw. flexible Lasten zur Erhöhung des Eigenverbrauchsanteils nutzt. Der neue EEG-Rahmen bietet aber auch Chancen für Vertriebe und Aggregatoren für neue Geschäftsmodelle, insbesondere für Prosumer.
Gerne diskutieren wir mit Ihnen über mögliche neue Produktideen und Strategien zur Umsetzung.