23.04.2024 | Webmagazin 2024/02 Warum Messstellenbetreiber jetzt ihre Businessplanung erneuern sollten

Und was sich seit dem GNDEW an der Wirtschaftlichkeit des MSB verändert hat Leon Bücher | Ulrich Rosen
leon.buecher@bet-energie.de

Der Einbau moderner Messeinrichtungen ist seit mehreren Jahren geübte Praxis und seit 2023 hat auch der Rollout intelligenter Messsysteme Fahrt aufgenommen Die Kosten für Beschaffung, Einbau und Betrieb sind mittlerweile gut abschätzbar - erste Praxiserfahrungen sind gemacht. Verschiedene Gesetzesnovellen, der Hochlauf der Energiewendeanlagen und mögliche POG-Anpassungen machen ein Update der ursprünglichen Rollout- und Businessplanung erforderlich.

Was hat sich seit 2016 verändert?


Seit dem Inkrafttreten des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) im Jahr 2016 haben sich die Rahmenbedingungen für Messstellenbetreiber (MSB) deutlich verändert. Rechtliche Auseinandersetzungen führten zu einem vorübergehenden Stopp des Rollouts intelligenter Messsysteme (iMSys), so dass im Mai 2023 mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) Nachbesserungen an den regulatorischen Vorgaben vorgenommen wurden. In diesem Kontext wurden insbesondere die verpflichtenden Zusatzleistungen grundlegend angepasst, so dass der MSB nun eine gesetzlich verankerte Verantwortung zur Herstellung und Durchführung der Anlagensteuerung über das iMSys hat.


Auch die Mengengerüste für verpflichtende und optionale Einbaufälle sind aufgrund der Preisentwicklung am Energiemarkt sowie der fortschreitenden Umsetzung der Energie,- Mobilitäts- und Wärmewende stark angestiegen. BET-Abschätzungen gehen von ca. 28 Mio. Pflichteinbaufällen intelligenter Messsysteme im Jahr 2032 aus, von denen ca. zwei Drittel als Prosumer mit steuerbaren Anlagen nach § 14a EnWG und/oder EEG/KWKG ausgestattet sein werden. Dies entspricht in etwa einer Verfünffachung der im Jahr 2016 angenommenen Mengengerüste.


Was sind die heutigen Kostentreiber?


Mittlerweile können MSB zwischen fünf Herstellern mit zertifizierten Smart-Meter-Gateways (SMGW) wählen und über Einkaufsgemeinschaften optimierte Beschaffungskonditionen realisieren. Der Markt für die nun ebenfalls von den MSB zu verbauenden Steuereinrichtungen (bspw. eine „FNN-Steuerbox“), die künftig gemäß BSI-TR-03109-5 zertifiziert werden, muss sich allerdings erst noch entwickeln. Insgesamt werden die Investitionskosten für den MSB im Vergleich zu den Schätzungen aus 2016 über den Rolloutzeitraum deutlich ansteigen. Dies ist zum einen auf die neue Technik, zum anderen aber auch auf die deutlich höhere Anzahl an Einbaufällen zurückzuführen.


Ein wesentlicher Kostentreiber ist auch der Personalaufwand bei Eigenleistung bzw. die Kosten für einen entsprechenden Dienstleister, da der iMSys-Einbau in komplexen Anlagen i.d.R. länger dauert und die Störungsquoten (noch) relativ hoch sind.


Des Weiteren zeigt sich, dass trotz der relativ großen Anzahl von aktuell 48 beim BSI gelisteten SMGW-Administratoren, die Einrichtungs- und Betriebskosten erheblich streuen und derzeit den größten Teil der Gesamtkosten ausmachen. Hinzu kommt, dass u. a. für die Steuerung über das SMGW ein sogenanntes „CLS-Management“ notwendig wird, dessen Kosten aktuell noch schwer einschätzbar sind. Mit entsprechenden Annahmen zu den Ist-Kosten und einer Prognose beim Anstieg der Einbaufälle lässt sich dennoch eine ggü. 2016 deutlich validere und unternehmensspezifische Kostenentwicklung darstellen.


Wie stellen sich die Erlöse dar?


Der grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSB) refinanziert sich über die gesetzlich gedeckelten Erlöse aus den sogenannten Preisobergrenzen (POG). Das GNDEW hat diesbezüglich eine wesentliche Änderung vorgenommen, indem es eine anteilige Kostenübernahmeverpflichtung für den Netzbetreiber eingeführt hat. Zudem wurden neue POG für die präzisierten Zusatzleistungen aufgenommen und vereinzelte POG für Standardleistungen in Summe erhöht. Anhand der unternehmensindividuellen Mengengerüste für die unterschiedlichen Pflichteinbaufälle und unter Einbezug von optionalen Einbaufällen auf Veranlassung des Kunden (bspw. zum Abschluss eines dynamischen Tarifs) oder auf Veranlassung des Messstellenbetreibers (bspw. durch einen optimierten Rollout über ganze Gebäude im 1:n-Ansatz), lassen sich die erzielbaren Erlöse über den Zeitraum 2024 bis 2032 plausibler herleiten, als es noch 2016 der Fall war.


Ist eine Wirtschaftlichkeit für gMSB gegeben?


Trotz der mittlerweile vorliegenden Praxiserfahrungen lässt sich diese Frage auf Grund der genannten Unsicherheiten und der unternehmensindividuellen Rahmenbedingungen nicht allgemeingültig beantworten. In einer umfangreichen Kosten-Nutzen-Analyse für den gMSB hat BET gemeinsam mit EY im Auftrag des BMWK in den letzten Monaten entsprechende Kostenerhebungen und Modellrechnungen durchgeführt. Wesentliche Erkenntnisse hieraus wurden bereits in einer AG-Sitzung im März den Unternehmen und Verbänden vorgestellt.


Die entsprechenden Kostenbenchmarks zeigen, dass die Wirtschaftlichkeit für den gMSB unter den dort getroffenen Annahmen über den Rolloutzeitraum aktuell noch schwer darstellbar ist. Zudem zeigen sich auch erlösmindernde Effekte, die sich grundsätzlich negativ auf die Wirtschaftlichkeit des gMSB auswirken. Auf Basis dieser Analysen wurden daher Anpassungsvorschläge erarbeitet, die das BMWK nun in einem Konsultationsverfahren mit der Branche erörtern möchte. Zentrale Anpassungsvorschläge sind dabei der Entfall der POG-Bündelungsregelung nach § 30 Abs. 5 S. 1 – 2 MsbG und eine Anhebung der POG für optionale Einbaufälle in Richtung des Grenzkostenniveaus. Auch die Struktur der Zusatzleistungen sowie die entsprechenden POG sollen noch einmal hinterfragt werden. 


Was ist zu tun, um die eigene Position zu bestimmen?


Es zeigt sich, dass viele gMSB ihren damaligen Businessplan noch nicht auf die neue Gesetzeslage und den zu erwartenden Ausbau der Energiewendeanlagen aktualisiert haben. Dies betrifft insbesondere die Entwicklung der verpflichtenden und optionalen Einbaufälle, die erfolgten oder absehbaren POG-Änderungen und die Berücksichtigung branchenüblicher Investitions-, Einbau- und Betriebskosten. In der Regel sind bisher auch nur Messanwendungen für Standardfälle kosten- und erlöstechnisch abgebildet. Der Einfluss von Steuerungsanwendungen (Anlagen nach § 14a EnWG und/oder EEG/KWKG), die Durchführung eines optimierten Rollouts (Kostenminimierung im 1:n-Ansatz) sowie neue Zusatzleistungen (u. a. Sub- und Mehrspartenmetering) beeinflussen jedoch maßgeblich die Wirtschaftlichkeit und sollten bei einem Update des Businessplans berücksichtigt werden. So kann insbesondere der Investitions- und Personalbedarf der nächsten Jahre für unterschiedliche Rollout-Szenarien ermittelt und auch Make-or-Buy-Optionen geprüft werden.


Bei der Wahl der richtigen Rolloutstrategie und der Aktualisierung Ihrer Businessplanung helfen wir Ihnen gerne.


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