Zukunft Stromnetz

Zukunft der Stromverteilnetze: Netzentwicklungsstrategie für das Stromnetz


Die Versorgungsaufgabe im Strom befindet sich in einem massiven Wandel mit hoher Dynamik. Insbesondere durch die Energiewende mit dem Zubau erneuerbarer Energien, die Verkehrswende mit dem Hochlauf der Elektromobilität und die Wärmewende mit einem vermehrten Umstieg auf Wärmepumpen steigen die Netzbelastungen stark an.

Herausforderung Langfriststrategien

Nach dem Klimaschutzgesetz mit ambitionierten Zwischenzielen in 2030 bzw. 2040 soll bereits 2045 die Klimaneutralität erreicht werden. Im Koalitionsvertrag dereRegierung wird von einem Strombedarf von bis zu 750 Terawattstunden gesprochen, die im Jahr 2030 notwendig sein könnten. Dies würde gegenüber 2020 ein Plus von rund 30 Prozent bedeuten. Zu diesem Zeitpunkt – in acht Jahren – soll der Strom zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Dieser angestrebte Transformationsprozess bedeutet eine enorme Belastung für die Stromnetze.

Politisch motivierte Veränderungen

Den politischen Vorgaben Folge leistend, zeichnet sich weiterhin ein Wandel in der Wärmeversorgung ab. Wärmepumpen werden zukünftig eine größere Rolle in der Wärmeerzeugung spielen und dabei Gas- oder Ölheizungen ablösen. Darüber hinaus stehen auch im Verkehrssektor massive Veränderungen an. Die neue Regierung hat als Zielmarke bis zum Jahr 2030 eine Anzahl von 15 Mio. E-PKW ausgeben. Neben diesen neuen Herausforderungen wird auch der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter forciert. Bis zum Jahr 2030 sollen 200 GW Photovoltaik in Deutschland installiert werden. Insbesondere die Dachflächen werden dabei in den Fokus gestellt. Aus diesem Grund wird die Anzahl an Netzanschlussanfragen auf der Last- und der Einspeiserseite im Verteilnetz stark zunehmen.

Die Abbildung 1 stellt die externen Einflussfaktoren und Fakten den eigenen Ziele der Stromverteilnetzbetreiber gegenüber. Die Stromverteilnetzbetreiber müssen auch in Zukunft trotz der anstehenden  Herausforderungen einen sicheren, effizienten und preisgünstigen Netzbetrieb gewährleisten und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit des Netzbetriebs sicherstellen. Hierzu ist aufgrund der vielen Einflussfaktoren rechtzeitig die eigene individuelle Netzsituation zu analysieren und hierauf aufbauend eine geeignete Netzentwicklungsstrategie abzuleiten.

(Abbildung 1)

Analyse der Voraussetzungen bei den Netzbetreibern

Vor der Entwicklung einer Netzentwicklungsstrategie muss zunächst die individuelle Situation analysiert und bewertet werden. Dabei sind beispielsweise folgende Fragen zu beantworten:

  • Mit welchen Entwicklungen der Rahmenbedingungen ist zu rechnen?
  • Welche Szenarien für die Versorgungsaufgabe sind realistisch?
  • Wie sind diese Szenarien regional auszuprägen? Wo entstehen Hotspots, beispielsweise für Elektromobilität? Sind im Netzgebiet relevante Anschlussgesuche zu erwarten (z. B. Neubaugebiete)?
  • Welche Investitionen (für Netzersatz und -erweiterung) sind für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb unumgänglich, und welche Auswirkungen haben diese auf die Netzentgelte?
  • Wie kann eine Überalterung des Stromverteilnetzes vermieden werden?
  • Wie können neben konventionellem Netzausbau auch innovative Betriebsmittel und –konzepte aus dem Digitalisierungswerkzeugkasten genutzt werden (z. B. Messtechnik, Redispatch 2.0)?
  • Welche Effekte haben die Investitionen auf weitere betriebswirtschaftliche Kenngrößen wie das Ergebnis und die Renditen? Welcher regulatorische Handlungsspielraum besteht?

 

Der Weg zur Netzentwicklungsstrategie

BET identifiziert individuelle Handlungsspielräume entsprechend Ihrer zukünftigen Versorgungsaufgabe und definiert gemeinsam mit Ihnen Ziele für eine zukunftssichere Entwicklung der Stromverteilnetze.

Die drei zentralen Projektschritte bei der Ableitung einer nachhaltigen, differenzierten und robusten Netzentwicklungsstrategie lauten:

Projektschritt 1

Ermittlung Ersatzinvestitionen


1.) Datenerfassung und -plausibilisierung

  • Altersstruktur der Assets
  • Historische und aktuell geplante Investitionstätigkeiten
  • Störungshistorie

2.) Extrapolation von Datenlücken
3.) Abstimmung Planungsszenarien

4.) Durchführung strategische Reinvestitionsplanung

  • Sensitivitätsanalysen, bspw. hinsichtlich Alter/Kosten

5.) Ableitung Handlungsempfehlungen


Ergebnisse:

- Ersatzinvestitionsplanung
- Zielaltersstruktur

 

Projektschritt 2

Ermittlung Szenarien, Engpässe und Netzausbau


1.) Ableitung von Szenarien für 2030, z. B. für

  • Erneuerbaren Energien
  • Elektromobilität
  • Wärmewende
  • Ermittlung von Engpässen 2030

2.) Definition von strategischen Varianten für Zielnetze, z. B.

  • Neue Umspannwerke
  • Umstrukturierungen

3.) Ableitung Netzausbaumaßnahmen
4.) Ableitung Digitalisierungspotenziale

5.) Quantifizierung Investitionen


Ergebnisse:

- Szenarien für Versorgungsaufgabe
- Zukünftige Netzengpässe
- Erweiterungsinvestitionen
- Robuste Zielnetz
e

 

Projektschritt 3

Wirtschaftliche Bewertung


1.) Festlegung von wesentlichen  Steuerungsgrößen und Prämissen für die Entscheidungsgrundlage
2.) Regulatorische Simulationen, Bewertung Auswirkungen auf bspw.

  • Erlösobergrenze
  • Kapitalkostenaufschlag
  • Kalk. Restbuchwerte
  • Finanzbedarfe

3.) Abschätzung der Entwicklung der Netzentgelte
4.) Erarbeitung von Handlungsempfehlungen


Ergebnisse:

- Wirtschaftliche Bewertung der technischen Szenarien
- Abgeschätzte Entwicklung der Netzentgelte

 

 

Ermittlung zukünftiger Zielnetze Strom

Szenarien für die zukünftige Versorgungsaufgabe

Zunächst werden die Rahmenbedingungen und übergeordneten Entwicklungstrends aufbereitet und in lokale Szenarien für Ihr Netzgebiet heruntergebrochen. Hierbei werden insbesondere die Zunahmen an Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur auf Lastseite sowie Aufdach-PV-Anlagen auf Erzeugerseite analysiert.
 
Auf Basis der ausgewählten Szenarien wird örtlich differenziert die zukünftige Last- und Einspeisesituation ermittelt und die individuelle zukünftige Versorgungsaufgabe über verschiedene Szenarien prognostiziert.

(Abbildung 2 zeigt dies exemplarisch)

Örtlich differenzierte Netzanalysen

Die Ergebnisse aus dem ersten Schritt fließen in die örtlich differenzierten Netzanalysen ein.  Mittels georeferenzierter GIS-Daten wird die Versorgungsaufgabe regionalisiert. Im Rahmen von Netzsimulationen werden ggf. bestehende sowie zukünftige Netzengpässe identifiziert und sich hieraus ergebende Netzausbauerfordernisse ermittelt. Das NOXVA-Prinzip (Netz-Optimierung vor Flexibilität vor Verstärkung vor Ausbau) hebt die Potenziale aus der Digitalisierung des Netzbetriebs und den innovativen Betriebsmitteln. Abschließend werden erforderliche Investitionen für Netzausbau, Netzverdichtung und Netzrückbau abgeleitet.

Ergänzend zu den Netzsimulationen zukünftiger Szenarien können anhand des Altersmengengerüstes auch Erneuerungsbedarfe ermittelt werden. Im Ergebnis ergibt sich der Gesamt-Investitionsbedarf, um die Stromnetze für die zukünftige Versorgungsaufgabe vorzubereiten.

Regulatorische Optimierung und Ermittlung der Vorzugsstrategie

Im dritten Schritt werden die Ergebnisse der technischen Analysen aus kaufmännischer und regulatorischer Sicht bewertet und optimiert. Es wird untersucht, wie sich unterschiedliche Investitionsstrategien auf die Erlösobergrenze, die Netzentgelte und die Erträge der Sparte Strom auswirken. Somit lassen sich Vorzugsstrategien ableiten, mit denen beispielsweise ein Anstieg der Netzentgelte vermieden oder verringert werden kann oder die Rendite optimiert wird.
(Abbildung 3 zeigt dies exemplarisch)

Abschließend ist eine Überführung der Ergebnisse in eine ganzheitliche individuelle Netzentwicklungsstrategie erforderlich. Diese umfasst die Szenarien für die zukünftige Versorgungsaufgabe inkl. der „Hotspots“, die abgeleiteten langfristigen, assetscharfen Investitionspläne, erforderliche Netzausbaumaßnahmen sowie Handlungsempfehlungen hinsichtlich der Digitalisierung des Netzbetriebs und der Netzplanungs- und Netzbetriebsprozesse.

Abbildung 3:

Das Tagesgeschäft neben der Strategieentwicklung durch Baukastenprinzip meistern

Mithilfe der skizzierten Netzentwicklungsstrategie werden wichtige strategische Leitplanken für die Transformation der Stromverteilnetze gesetzt. Im täglichen Geschäft des Netzbetreibers tauchen jedoch neben diesen übergeordneten Fragestellungen auch eine Vielzahl operativer und widerkehrender Aufgaben auf, die bearbeitet werden. Aufgrund einer gewissen Volatilität und begrenzter Ressourcen im Bereich Netzplanung und -betrieb kann die Bearbeitung dieser Aufgaben zeitweise zu Engpässen beim bestehenden Personal führen.

Baukastenprinzip der 7 Standard-Kernaufgaben der Netzbetreiber

Für diese Fälle haben wir auf Basis von Best Practices aus der Branche einen Standardbaukasten entwickelt, mit dem wir Netzbetreiber bei Engpasssituationen kurzfristig unterstützen können. Hierzu gehören u. a.:

  1. Netzanschlussbewertung:
    Durch den weiterhin sehr dynamischen Zubau an dezentralen Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien, aber auch durch neue Verbraucher wie der Ladeinfrastruktur steigt die Anzahl von Netzanschlussanfragen enorm an. Wir unterstützen Sie sowohl bei der Bewertung dieser Anfragen als auch bei der Standardisierung und Optimierung der Prozesse.
  2. Bewertung von Netzausbaumaßnahmen:
    Die Investitionen für den Netzausbau steigen in den letzten Jahren massiv an. Einzelne Maßnahmen müssen simulativ überprüft und bewertet werden, mögliche Alternativen identifiziert und berücksichtigt werden. Wir halten übliche Simulationswerke vor und können mit kurzfristigen Analysen unterstützen.
  3. Aufbereitung von Netzdatensätzen:
    Unverzichtbare Basis für umfangreiche Netzanalysen sind vollständig digitalisierte Netzdaten des Nieder- und Mittelspannungsnetzes. Wir helfen bei der Aufbereitung, der Schließung von Lücken sowie der Prüfung auf Unplausibilitäten.
  4. Erstellung einer Investitionsstrategie und Investitionsplanung:
    Spätestens für die Wirtschaftsplanung sind assetscharfe Investitionsprognosen erforderlich. Auf Basis von Altersmengengerüsten und erforderlichen Erweiterungsmaßnahmen können wir diese Investitionsplanungen für Sie erstellen.
  5. Zielnetzplanung:
    Die regelmäßige Überprüfung der eigenen Zielnetzplanung (alle zwei Jahre) ist bei dem starken Wandel der Versorgungsaufgabe unverzichtbar, um Stranded Investments zu vermeiden. Wir aktualisieren Ihre bestehenden Planungen oder erstellen eine aussagefähige Zielnetzplanung zur Ergänzung der individuellen Netzstrategie.
  6. Prüfung der Netzanschlussbedingungen:
    Aufgrund des stetigen Wandels des technischen (FNN-)Regelwerkes und des regulatorischen Rahmens ist ein kontinuierliches Monitoring und ggf. eine Anpassung der Netzanschlussbedingungen (TAB) sinnvoll, wobei wir Sie unterstützen können.
  7. Überarbeitung der Netzplanungsgrundsätze:
    Eine technisch sinnvolle und wirtschaftlich effiziente Netzentwicklungsstrategie benötigt standardisierte und robuste Planungsregeln. Als täglicher Leitfaden des Netzplaners ist die Aktualität der Netzplanungsgrundsätze ein wichtiger Baustein. Wir prüfen diese im ersten Schritt auf Vollständigkeit und Aktualität und überarbeiten diese, falls Bedarf besteht, um bestehende Potenziale vorausschauend zu heben.

Sprechen Sie uns gerne an, wenn wir Sie als kurzzeitige verlängerte Werkbank in den Phasen der hohen Belastung unterstützen können.


Ihre Ansprechpartner

Dr. Sören Patzack
Leiter Kompetenzteam
Netzinfrastruktur Technik

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Dr. Andreas Nolde
Partner
Netzinfrastruktur & Konzessionen

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