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06.12.2023 | Newsletter Ausgabe 02/2023 Eigenkapitalverzinsung – Vom Regulierungsmanager zum „Zinsmanager“

Michael Seidel | David Goerschel
michael.seidel@bet-energie.de

Mit einem ganzen Paket an eingeleiteten Konsultationsprozessen hat sich die Bundesnetzagentur am 22.11.2023 erneut mit den kalkulatorischen Eigenkapitalzinssätzen befasst. Neben dem kalkulatorischen Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen im Kapitalkostenaufschlag adressiert sie auch die kalkulatorischen Eigenkapitalzinssätze für Offshore-Anbindungsleitungen und grenzüberschreitenden Elektrizitätsverbindungsleitungen selbstständiger Betreiber.

Sah das Eckpunktepapier im Juni noch eine jährliche Anpassung des kalkulatorischen Eigenkapitalzinssatz für Investitionen im Kapitalkostenaufschlag vor, wurde die Methodik nun an die bereits im August festgelegte Regelung des kalkulatorischen Fremdkapitalzinssatzes im Kapitalkostenaufschlag angepasst. Eine im Kapitalkostenaufschlag geltend gemachte Investition des Jahres 2024 erhält somit einen über die Regulierungsperiode hinweg fixierten Mischzinssatz.

Eine Anpassung der Zinssätze für das EK-I und EK-II im Kapitalkostenaufschlag ist grundsätzlich zu begrüßen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die vorgesehene Ausgestaltung die Komplexität in Art und Anzahl der verwendeten Zinssätze, Zinsreihen und Anwendungsfälle weiter erhöht.

Darüber hinaus wird das Ziel der Schaffung von Investitionssicherheit gerade nicht durch eine temporäre Anpassung der Zinssätze im Kapitalkostenaufschlag erreicht, wie dies bei der im Eckpunktepapier vorgeschlagenen Systematik der Fall wäre.

Sofern die Bundesnetzagentur die Zinsfestlegung nach den nächsten Basisjahren 2025 und 2026 in Fortführung ihrer bisherigen Praxis vornimmt, werden die EK-I und EK-II-Zinssätze für die 5. Regulierungsperiode auf Basis der aktuellen Prognosen deutlich unter den EK-I und EK-II-Zinssätzen für die Jahre bis zum Ende der 4. Regulierungsperiode im Kapitalkostenaufschlag liegen.
Abbildung 1 verdeutlicht dies am Beispiel des EK-I Zinssatzes. Während der EK-I-Zinssatz in der 5. Regulierungsperiode aus heutiger Sicht wieder sinken wird, vergrößert sich die Differenz zum EK-I-Zinssatz im Kapitalkostenaufschlag sogar.
 

Abbildung 1: Gegenüberstellung EK-I KKauf / EK-I RP
Quelle: Eigene Darstellung

Die von der Bundesnetzagentur gewünschte langfristige Finanzierungssicherheit für Eigenkapitalgeber ist faktisch nicht gegeben. Investitionen, die in den kommenden Jahren bis zum Ende der 4. Regulierungsperiode getätigt werden, würden einen angepassten EK-Zinssatz erhalten, der über der erwarteten EK-Verzinsung in der 5. Regulierungsperiode liegen würde. Dies hängt damit zusammen, dass für die EK-Verzinsung der Mechanismus des 10-jährigen Mittels der Umlaufrenditen angewendet wird und die im Mittel noch enthaltenen Zinssätze das aktuell höhere Niveau nicht aufholen. Diese Systematik setzt keine Anreize, langfristig gebundenes Kapital zu investieren.

Dies macht noch einmal deutlich, dass die Netzbetreiber weiteren Unsicherheiten hinsichtlich der Verzinsung ihrer Investitionen ausgesetzt sind. Es ist daher notwendig, dass die EK-Zinssätze für Investitionen im Basisjahr und auch im Kapitalkostenaufschlag nach den gleichen Grundsätzen ermittelt werden. Andernfalls entstehen zusätzliche Unsicherheiten bezüglich der Investitionszeitpunkte und deren Finanzierung.

Bei der Vielzahl an unterschiedlichen Zinssätzen im Regulierungssystem kann man langsam den Überblick verlieren und das Regulierungsmanagement entwickelt sich langsam aber sicher zum „Zinsmanagement“!

Die Vereinheitlichung der Zinssätze im Kapitalkostenaufschlag haben wir zum Anlass genommen, einen kurzen Überblick über die verschiedenen für Verteilnetzbetreiber relevanten Zinssätze zu geben:

EK-I – Neuanlagen

Strom/Gas (Realkapital) für 5 Jahre

EK-I – Altanlagen

Strom/Gas (Substanzerhalt, Indexreihen) für 5 Jahre

EK-II Basisjahr

Strom für 5 Jahre

EK-II Basisjahr                                 

Gas für 5 Jahre

 WU0022   

Referenzzeitreihe FK-Zins

WU0017

Verzinsung im Regulierungskonto

EK-I Kapitalkostenaufschlag          

Plan-Wert

 

Ist-Wert

EK-II/FK Kapitalkostenaufschlag    

Plan-Wert                                      
 

Ist-Wert

Es ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, warum die Bundesnetzagentur entgegen ihrer Ankündigung (EK-Beschlüsse vom 12.10.2021) bisher keine Anpassung der Eigenkapitalzinssätze vorgenommen hat, sondern gegen die Entscheidungen des OLG Düsseldorf vom 30.08.2023, mit denen die Behörde zur Neufestsetzung der Eigenkapitalzinssätze verpflichtet wurde, sogar Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt hat.

Die BNetzA hat in dem o.g. Eckpunktepapier selbst festgestellt, dass die im Oktober 2021 festgelegten Eigenkapitalzinssätze nicht den aktuellen Kapitalmarktverhältnissen entsprechen. Vor diesem Hintergrund kann nur nachdrücklich eine grundsätzliche Anpassung der Eigenkapitalzinssätze für die 4. Regulierungsperiode gefordert werden. 

Aufgrund der drastisch geänderten Marktverhältnisse ist eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals dringend erforderlich, damit die zur Dekarbonisierung notwendigen Investitionen getätigt werden können. 

Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie die Auswirkungen der Änderungen der EK-Zinssätze für Ihr Unternehmen abschätzen und simulieren möchten. 
 


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