27.06.2024 | Webmagazin 2024/03 § 14a aus Sicht der Energieversorger: Commodity- und Energiedienstleistungs-Geschäft wachsen zusammen

Eine Chance für Energieversorger, sich als Energiewendehelfer zu etablieren Mandy Hübschmann | Lasse Blaume
lasse.blaume@bet-energie.de

Die § 14a-Festlegungen der BNetzA treffen vordergründig nur Verteilnetz- und Messstellenbetreiber. Doch auch vertriebsseitig ergeben sich Pflichten, wie die Einführung neuer MaKo-Prozesse sowie die Anpassung von Verträgen und der Endkunden-Kommunikation. Die Pflichten bieten die Basis für eine Bündelung und Erweiterung des Produktportfolios, das dem Energieversorger Chancen eröffnet, sich gegenüber den Endkunden als Energiewendehelfer zu positionieren und im Wettbewerb mit überregionalen Anbietern zu bestehen.

Pflichtprogramm für den Vertrieb durch § 14a 

Durch die Festlegungen nach § 14a EnWG und weitere Verpflichtungen aus dem GNDEW kommen neue Pflichten auf die Lieferantenrolle zu. Darunter fallen die neuen MaKo-Prozesse zwischen Verteilnetzbetreiber (VNB) und Lieferant für die Übermittlung der gewählten NNE-Reduzierung des Endkunden zum 01.01.2024/01.04.2025 und die Auswirkungen auf die Portfoliobewirtschaftung durch die präventive oder netzorientierte Steuerung. Auch die Endkundenabrechnung muss angepasst werden, um eine pauschale, prozentuale oder variable Reduzierung des Netznutzungsentgelts (NNE) weitergeben zu können.

Endkunden sind als Betreiber einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung zur Herstellung der Steuerbarkeit verpflichtet, was aktuell den wenigsten Endkunden und auch Installationsbetrieben bekannt sein dürfte. Zudem denken Endkunden erfahrungsgemäß nicht in Marktrollen, sodass Fragen zu den Neuerungen des § 14a vor allem im Vertrieb aufschlagen werden. Entsprechend ist eine proaktive Kommunikation in Richtung Endkunde aufzubauen, die Fragen hinsichtlich der Vorgaben bei Bestands- und Neuanlagen sowie zu den NNE-Reduzierungen beantwortet. Dies ist der erste Schritt der Lieferantenrolle – und nicht zuletzt des Energieversorgers – sich als Energiewendehelfer zu positionieren und die Kundenbindung zu erhöhen.


Vom Energieversorger zum Energiewendehelfer

Der nächste Schritt eines Energieversorgers zum Energiewendehelfer ist ein aufeinander abgestimmtes Produktportfolio aus Commodity- und EDL-Geschäft, sodass beides am Hausanschluss zusammenfließt“. 

Tarifseitig bietet die Anpassung bestehender oder die Aufstellung neuer § 14a-Tarife, die die NNE-Reduzierung berücksichtigen, eine Chance. In Kombination mit einem ab 2025 verpflichtend anzubietenden dynamischen Tarif, können Endkunden ihren Verbrauch entsprechend den Preissignalen der Tarife markt- und netzdienlich verlagern. (Beitrag Dynamische Tarife)

Vom Energieversorger können zukünftig neue Vertriebs- oder Contracting-Angebote für Prosumer mit steuerbaren Erzeugungs- (z. B. PV-Anlagen) und Verbrauchseinrichtungen (z. B. Wallboxen, Wärmepumpen, Speicher) angeboten werden und/oder bestehende Angebote des EDL- und Commodity-Geschäftes zu attraktiven Produktbündeln zusammengefasst werden. Um das Zusammenwirken innovativer Tarife und steuerbarer Verbrauchs- und Erzeugungseinrichtungen optimal zu nutzen, ist im finalen Schritt zum Energiewendehelfer ein Angebot für ein Home-Energy-Management-System (HEMS) erforderlich. Durch das HEMS wird das Produktportfolio intelligent vernetzt und die Interaktion mit dem Energiesystem für den Endkunden möglich. Dieses Produktportfolio maximiert nicht nur den Endkundennutzen, sondern ermöglicht es dem Energieversorger, „alles außer einer Hand“ anzubieten und mit überregionalen Anbietern zu konkurrieren. Zudem lassen sich die notwendigen Margen in einem größeren Gesamtpaket auch “leichter” unterbringen. 

Chancen für Endkunden und Energieversorger

Neben den umzusetzenden Pflichten bietet ein ganzheitlich gedachter Vertrieb mit der Zusammenführung von Commodity- und EDL-Geschäfts Vorteile für alle Beteiligten. Innovative Energiewendehelfer-Produktbündel können in der Niederspannung den Weg für eine sichere, kostengünstige und nachhaltige Energie(eigen)versorgung der Endkunden ebnen. 

Entscheiden sich Endkunden für die Kombination einer oder mehrerer steuerbarer Erzeugungs- und/oder Verbrauchseinrichtungen mit HEMS, so kann durch die Anwendung von dynamischen und § 14a-Tarifen der Bezug und die Einspeisung in das Energiesystem netz- und/oder marktorientiert erfolgen. Dies ermöglicht Endkunden eine Reduzierung der Stromrechnung und trägt zur Flexibilisierung der Niederspannung bei. Endkunden können so für die Herausforderungen der Energiewende sensibilisiert werden, ihren Verbrauch transparent einsehen und steuern, Energiekosten einsparen und so die Energiewende von zu Hause aus mitgestalten.

Die zukünftige Etablierung als Energiewendehelfer bietet nicht nur eine große Chance für das Gelingen der Energiewende in der Niederspannung, sondern reduziert für den Energieversorger auch das Risiko, dass Tarifkunden abwandern und einhergehende EDL-Potenziale von überregionalen Anbietern übernommen werden. 


An welchem Punkt stehen Sie in der Umsetzung? Sind Sie bereit, Energiewendehelfer Ihrer Kunden zu werden? Wir freuen uns über Ihre Einschätzung unter folgendem Link.


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