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28.04.2022 | Webmagazin 2022/02 Turbo für Erneuerbare, Elektromobile und Wärmepumpen – aber wann brennen die Netze durch?

Hohe Datenqualität als Schlüssel für eine nachhaltige Netzentwicklungsstrategie Dr. Sören Patzack | Dr. Wolfgang Zander
soeren.patzack@bet-energie.de

Spätestens mit dem jüngst im Kabinett beschlossenen Osterpaket stellt sich für jeden Verteilnetzbetreiber die Frage, ob das eigene Netz für die Herausforderungen durch Energie-, Verkehrs- und Wärmewende vorbereitet ist. Diese Frage lässt sich nur durch eine explizite Analyse der eigenen Infrastrukturen im Rahmen einer Zielnetzplanung und darauf aufsetzende Ableitung einer geeigneten Netzentwicklungsstrategie beantworten. Hierbei sind eine hohe Datenqualität, robuste Szenarien und ein geeignetes methodisches Vorgehen von herausragender Bedeutung. 

215 GW PV-Anlagen, 115 GW Windenergieanlagen, 15 Millionen Elektrofahrzeuge und 10 Millionen Wärmepumpen – so oder so ähnlich wird 2030 die Versorgungsaufgabe aussehen, die durch die Stromnetze in Deutschland bedient werden muss. Selbst diese abstrakten Zahlen lassen erahnen, dass die Integration der Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen insbesondere die Verteilnetze vor große Herausforderungen stellt. Heruntergebrochen auf ein durchschnittliches Mittelspannungsnetz wird deutlich, wie sehr einzelne Netze an ihre technischen Grenzen gelangen werden: Im deutschlandweiten Schnitt sind je Umspannwerk ~43 MW Photovoltaik und ~15 MW Windenergie auf Erzeugungsseite sowie ~33 MW installierte Leistung für Ladeeinrichtungen auf Lastseite zu erwarten.

Die heterogene Ausprägung der deutschen Verteilnetze und insbesondere der Versorgungsaufgabe macht eine detaillierte Analyse der einzelnen Verteilnetze erforderlich, um erforderlichen Netzausbaubedarf (und insbesondere die zusätzlich erforderlichen Umspannwerkskapazitäten) zu bestimmen und zeitnah in eine wirtschaftlich-regulatorisch optimale Investitionsplanung zu überführen. Bei der Bestimmung einer Netzentwicklungsstrategie sollten aber nicht ausschließlich konventionelle Maßnahmen berücksichtigt werden – insbesondere durch Redispatch 2.0, Lastmanagement und die generelle Digitalisierung des Netzes (vor allem Messtechnik oder intelligente Ortsnetzstationen) lassen sich die erforderlichen Investitionen reduzieren.

Basierend auf unseren Projekterfahrungen ist außerdem eine ausreichend hohe Qualität der Netzdaten für die Ableitung von sinnvollen Ergebnissen von allergrößter Bedeutung und muss meist zu Beginn solcher Analysen auf den aktuellen Stand gebracht werden.

Mit wenigen pragmatischen Ansätzen und einfachen Mitteln lassen sich die Netzdaten auf einen ausreichend aussagefähigen und aktuellen Stand bringen:

  • Alle aktuellen und geplanten Netzausbaumaßnahmen müssen eingepflegt werden.
  • Über aktuelle (maximal 3 Jahre alte) Schleppzeigerwerte/RLM-Messungen und Zeitreihenanalysen sollten realistische Netznutzungsfälle und Gleichzeitigkeiten parametriert werden.
  • Die Standardschaltzustände sollten abgeglichen und korrekt eingepflegt werden.
  • Über eine eindeutige Verknüpfung der Netzelemente mit dem GIS (bspw. über IDs) sollte die prognostizierte Versorgungsaufgabe räumlich aufgelöst in den Netzdatensatz übernommen werden.

Mit einem aktuellen Netzdatensatz, hochaufgelösten Szenarien und einer Planung nach dem NOXVA-Prinzip lassen sich die Engpässe von morgen identifizieren und nachhaltige Investitionsmaßnahmen ableiten. Wenn der Netzdatensatz jedoch bereits leicht angestaubt, die aktuellen netzgebietsspezifischen Szenarien von 2019 und die letzte Zielnetzplanung Potenziale aus Smart Grid und innovativen Betriebskonzepten noch nicht berücksichtigt haben – sprechen Sie uns gerne für einen Austausch an.

 

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